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Sofi war es gar nicht recht, dass sich Theresa noch zu ihr in das Abteil der Drehtür zwängte, aber alles andere hätte Theresa nicht ähnlich gesehen. In der Halle des Hotels am Skanstull war es unerwartend kühl. Sofi ignorierte die Warteschlange und legte ihre Ellenbogen auf die Rezeption, die mindestens fünf Meter breit war. Theresa stand neben ihr und legte den Kopf in den Nacken, um die riesige Empfangshalle auf ihr Ich wirken zu lassen.
Jemand im Hinterzimmer bemerkte sie durch die offene Tür. Sofi verlangte nach Jessika. Kurz darauf kam eine junge Frau mit karibischem Aussehen aus dem Büro.
„Hej Jessika, ich bin Sofi Johansson. Wir haben vorhin telefoniert.“
Jessika nickte und winkte die beiden Polizistinnen zu sich hinter den Tresen. Unter den Blicken der Polizistinnen gab sie etwas in den Computer ein. „Die Frau heißt Paola Tessaro. Sie ist am 26. Mai abgereist und hat bei mir eingecheckt. Ihr Aufenthalt ist für ein Stadthotel ungewöhnlich lang, fast drei Wochen. Sie hatte sehr viel Gepäck bei sich.“
Sofi beugte sich vor, um die Daten vom Bildschirm abzulesen. Paola Tessaro stammte aus einem Ort in Italien, von dem weder Sofi noch Jessika je gehört hatten.
„Drüben im Einkaufszentrum gibt es ein Buchgeschäft“, schlug Jessika vor. „Die haben vielleicht eine Karte von Italien.“
Sofi zog das Bild aus ihrer Tasche. „Ist sie das?“
„Ich weiß nicht. Vielleicht, vielleicht auch nicht.“
Das Problem bei einem so großen Hotel war, dass die Gäste bei ihrer Ankunft eine Magnetstreifenkarte für ihr Zimmer erhielten. Bis zu ihrer Abreise kamen und gingen sie durch die Hotelhalle, ohne Kontakt mit der Rezeption zu haben.
„Eine Kopie ihres Passes hast du nicht?“, wollte Theresa wissen.
Jessika schüttelte den Kopf. „Kreditkarte.“
Sofi kam zum wichtigsten Punkt. „Was ist mit der Zimmerkarte, von der du gesprochen hast?“
„Wir haben sehr viele Geschäftsreisende. Es ist normal, dass sie während ihres Aufenthalts auch mal über Nacht wegbleiben. Die Dame hat das Zimmer am Samstagabend verlassen und seitdem nicht mehr betreten. Sie ist jetzt seit acht Tagen hier, hat aber nur vier Nächte in ihrem Zimmer verbracht. Es kann also sein, dass sie außerhalb Stockholms Termine hat und dann dort irgendwo übernachtet.“
Sofi deutete auf den Bildschirm. „ÜF bedeutet Übernachtung mit Frühstück?“
Jessika verstand sofort. „Die Frühstückslisten sind im Speisesaal.“
Sie folgten der Rezeptionistin in den ersten Stock. Jessika führte sie durch den leeren Speisesaal in die Küche. In der hinteren Ecke gab es einen Turm aus Sortierfächern. Jessika musste zahlreiche Fächer probieren, bis sie die Liste entdeckte. Die Blätter waren nach Tagen zusammengeheftet. Sofi legte ihren Notizblock auf die Edelstahlplatte und notierte sich, an welchen Tagen Paola Tessaro gefrühstückt hatte. Am Morgen nach ihrer Ankunft und am Samstag war ihre Zimmernummer durchgestrichen, sonst nicht.
Sofi kratzte sich am Kopf. „Nur zwei Tage.“
„Wir könnten natürlich ihr Zimmer überprüfen“, schlug Jessika vor.
Theresa nickte und zog den Bund ihrer Hose hoch, damit sie besser marschieren konnte.
„Das darf ich ohne Anweisung des Voruntersuchungsleiters nicht“, sagte Sofi und seufzte. „Zumal wir befürchten, dass die Dame einen diplomatischen Status hat.“
„Wir können den Zimmerservice schicken.“
Sofi nickte nach kurzem Überlegen. Jessika durchschritt die Küche, nahm den Hörer eines Wandtelefons und wählte eine Nummer. Sie winkte Sofi zu sich.
„Die Zimmermädchen haben schnurlose Telefone“, flüsterte Jessika und reichte Sofi den Hörer.
Die Frauenstimme aus dem sechsten Stock sprach nur gebrochen Schwedisch. Sofi hörte, wie das Zimmermädchen seine Karte ins Schloss steckte und die Tür öffnete. Ein lautes Ratschen erklang.
„Was ist?“, fragte Sofi.
„Hab nur Gardine ordentlich gemacht. Ist Pflicht.“
„Kannst du das Zimmer beschreiben?“
Anscheinend war nach dem Zimmerservice am Vormittag niemand darin gewesen. Der Kleiderschrank besaß keine Tür, und so konnte sich das Zimmermädchen über den prallgefüllten Kleiderschrank wundern und auch darüber, dass viele Kleidungsstücke in Folie gehüllt waren, als kämen sie aus der Reinigung. Vier Koffer gab es, die alle geschlossen waren.
„Hatte die Frau beim Einchecken vier Koffer bei sich?“, flüsterte Sofi zu Jessika.
Jessika nickte und hob den Daumen.
Wenn vier Koffer im Zimmer waren, dann konnte die Frau im Augenblick keine Koffer bei sich haben. Das sprach gegen die Annahme, dass sie in einem Hotel außerhalb der Stadt übernachtete.